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Anlegerschaden bei Bitcoin Mining

In seiner Entscheidung vom 22.12.2021 zu 5 Ob 95/21p befasste sich der OGH mit Anlegerschäden im Zusammenhang mit Bitcoin Mining.

Beratung über Investment in Kryptowährungen

Der Kläger interessierte sich im September 2017 für ein Investment in Kryptowährungen und ließ sich diesbezüglich vom Beklagten, der bis Ende 2016 als selbstständiger Vermögensberater im Wertpapierbereich tätig war, beraten. Der Beklagte beschäftigte sich ab Ende 2016 mit Kryptowährungen und gab ab dem zweiten Quartal 2017 Empfehlungslinks, die zur Vermögensveranlagung in Kryptowährung auf diversen Plattformen notwendig waren, an Freunde und Bekannte weiter. Er bezog von diesen Plattformen Provisionszahlungen in Form von Bitcoins.

Der Beklagte stellte dem Kläger drei Plattformen vor, wovon zwei im Mining tätig waren. Aufgrund der vom Beklagten erteilten Informationen sowie eigener Recherchen entschloss sich der Kläger, auf diesen drei Plattformen Geld zu veranlagen und investierte Bitcoins im Wert von insgesamt über EUR 38.000,--. Aus diesen Investments erhielt der Kläger Gewinnausschüttungen auf sein Cyberwallet, die er zum Großteil reinvestierte. Die Bitcoin-Gewinne ließ er sich nie in Euro auszahlen. Ab Beginn des Jahres 2018 schütteten die Plattformen keine Gewinne mehr aus und zwei von ihnen gingen offline. Das Wallet des Klägers zur dritten Plattform war zwar noch abrufbar, jedoch war es dem Kläger nicht mehr möglich, über die dort erliegenden Bitcoins zu verfügen.

Mining als illegales Glücksspiel?

Der Kläger begehrte vom Beklagten Schadenersatz für den Verlust der von ihm investierten Beträge aufgrund fehlerhafter Anlageberatung im Rahmen eines Beratungsvertrages. Weiters brachte er u.a. vor, dass der Beklagte durch den Verstoß gegen Verwaltungsstrafbestimmungen des Glücksspielgesetzes ein Schutzgesetz iSd § 1311 Satz 2 ABGB verletzt habe und daher für den Schaden hafte. Das von den Plattformen betriebene Mining sei eine Form des illegalen Glückspiels.

Der OGH führt in seiner Entscheidung aus, dass ein Glücksspiel ein Spiel ist, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt (§ 1 Abs 1 GSpG). Demnach sind zwei Merkmale wesentlich: es muss ein entgeltlicher Glücksvertrag vorliegen und das Ergebnis muss ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen. Zur Frage, ob das Mining von Kryptowährungen als Glückspiel iSd § 1 GSpG bzw. als verbotene Ausspielung iSd § 2 Abs 4 GSpG zu qualifizieren ist, verweist der OGH auf die bisher erschienene Literatur, die zu unterschiedlichen Ergebnissen kommt. Die Auslegung der einschlägigen Bestimmungen des GSpG sei jedoch im vorliegenden Verfahren nicht abschließend zu klären. Der Beklagte habe nämlich zu Recht eingewandt, dass er – selbst wenn das Mining als Glücksspiel bzw. verbotene Ausspielung zu qualifizieren wäre – nicht schuldhaft gehandelt hätte.

Der Wortlaut der einschlägigen Gesetzesbestimmungen lege die Einstufung des Minings als Glücksspiel und Ausspielung nicht nahe. Darüber hinaus habe es zum Zeitpunkt der Beratungs- und Vermittlungstätigkeit des Beklagten und der Investitionen des Klägers weder Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die Finanzbehörden das Mining als Glücksspiel einstufen könnten, noch waren diesbezügliche Beiträge in der juristischen Fachliteratur veröffentlicht. Mangels Verschuldens traf den Beklagten somit keine Haftung aufgrund einer Schutzgesetzverletzung.

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